Rechtsanwalt Hoenig

Das Weblog des Strafverteidigers

11. März 2024

Jagd auf Rentner der 3. Generation?

Ist die Strafverfolgung gegen Daniela Klette (65), Burkhard Garweg (55) und Ernst-Volker Wilhelm Staub (69) nach all den Jahren noch zulässig und gerechtfertigt?

Wenn ein Mensch erst einmal 14 Jahre alt geworden ist, schützt ihn das Alter vor Strafverfolgung nicht mehr. Selbst ein stolzes Alter von 101 Jahren verhindert(e) keine Verurteilung durch ein Strafgericht.

Die (satirische) Charakterisierung der aktuell intensivierten Ermittlungen gegen das RAF-III-Trio als Rentnerjagd ist daher … sagen wir mal höflich … nicht überzeugend, selbst wenn man – wie der Journalist, Autor und Fernsehproduzent Friedrich Küppersbusch – Erbarmen mit den als Ex(?)-Terroristen bezeichneten Beschuldigten hat.

Verjährungsfristen

Man könnte jedoch überlegen, ob die Straftaten, die den Dreien zur Last gelegt werden, unterdessen verjährt sind. Aber auch diese Frage lässt sich mit einem kurzen Blick ins Gesetz unproblematisch beantworten.

In § 78 Abs. 3 StGB finden sich die Verjährungsfristen. Je nach Dauer der jeweils maximal angedrohten Freiheitsstrafen gibt es Fristen von 30, 20, 10, 5 und 3 Jahren.

Allein in den Jahren 2015 und 2016 werden Klette, Garweg und Staub sechs versuchte sowie vollendete Raubüberfälle zur Last gelegt.

Seit den 90er-Jahren ermittelt der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof gegen Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette unter anderem wegen des Tatvorwurfs der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung.

Kleine Anfrage vom 01.20.2016, BT-Drucksache 18/10578

Bildung terroristischer Vereinigungen

§ 129a StGB droht eine Höchststrafe von 10 Jahren an; die Verjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Ziff. 3 StGB beträgt 10 Jahre. Unter Berücksichtigung des § 78c Abs. 3 S. 2 StGB könnten daraus maximal 20 Jahre werden. Das bedeutet, die vorgenannten 90er-Jahre-Taten nach § 129a StGB können heute nicht mehr verfolgt werden, sie sind verjährt.

Schwerer Raub

Bleiben aber die „vollendeten Raubüberfälle“. Das höchste Strafmaß für einen schweren Raub liegt nach § 250 StGB bei 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB). Das führt nach § 78 Abs. 3 Ziff. 2 StGB zu der Verjährungsfrist von 20 Jahren. Also wären die mutmaßlichen Raubtaten aus 2015 erst in 11 Jahren, 2035, verjährt, ohne dass es einer Unterbrechung des Verjährungsablaufs bedarf.

Mord

Und dann gibt es ja noch den Verdacht, Daniela Klette sei auch an dem Schusswaffenanschlag auf die US-amerikanische Botschaft in Bonn am 13. Februar 1991 beteiligt. Dabei kamen Waffen zum Einsatz, mit denen der Vorsitzende der Treuhandanstalt Detlev Rohwedder am 1. April 1991 ermordet wurde. Hier liegt der Verdacht der Strafverfolgungsbehörden in greifbarer Nähe, dass hier auch Straftaten nach § 211 StGB vorliegen könnten. Und diese verjähren nicht, § 78 Abs. 2 StGB.

Resumee

Die Frage, ob die Strafverfolgung gegen Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Wilhelm Staub nach „all den Jahren“ fortgesetzt werden soll, stellt sich für einen Strafjuristen nicht. Es gilt das verfassungsrechtlich verankerte Legalitätsprinzip. Für Sentimentalitäten gibt es vor dem Hintergrund der kapitalen Straftaten, die man (auch) diesem Trio vorwirft, meiner Ansicht nach keinen Raum.

Image by Lena Fichter from Pixabay


4 Kommentare

  • Außerdem der fortgesetzte Besitz von Waffen und Sprengstoff.

  • Die, meine, juristischen Kenntnisse sind gering.

    Es wäre schön, wenn den drei RAFs das nachgewiesen werden könnte, damit es zu einer Verurteilung reicht.

  • Patenter Anwalt sagt:

    Ich bin zwar Ihrer Meinung, Herr Hönig, aber Ihre Argumentation überzeugt nicht. Die Strafjustiz darf „Gerechtigkeit“ nicht um jeden Preis wollen; ich denke da an Fälle wie Demjanjuk. Der schlichte Hinweis auf das Legalitätsprinzip ist daher zu wenig.

  • Flo sagt:

    @Patenter Anwalt, ich würde sagen es kommt darauf an. Das was im Fall der RAF nicht verjährt ist gehört angeklagt und ggf verurteilt, unabhängig davon wann die Tat war und wie Alt jemand heute ist.

    Im Fall Demjanjuk und ähnlichen Fällen stellt sich mir allerdings auch die Frage ob das wirklich sein muss. Allerdings nicht weil schon langer her und man damit nur noch die erwischt die das Pech hatten in jungen Jahren dabei gewesen zu sein und das Glück hatten lange zu leben.
    Sondern eher vor dem Hintergrund das man sich in den Nachkriegsjahren bewusst entschieden hat nur die großen Fische anzuklagen. Sicher war das auch ein Stück weit purer Pragmatismus, sonst hätte man vermutlich aus Gründen der Vereinfachung einfach eine Mauer um Deutschland bauen können um ausreichend Haftplätze zu generieren, aber die Nichtverfolgung damals war ja eine bewusste Entscheidung.