Rechtsanwalt Hoenig

Das Weblog des Strafverteidigers

22. April 2024

Gibt es doch: Das Beweisverwertungsverbot!

Mit so einer Folge des Cannabisgesetzes (CanG) hatte (nicht nur) die Legalize-It-Fraktion nicht gerechnet.

In einem urkomischen Twist der Justiz hat das LG Mannheim am 12.04.2024 (5 KLs 804 Js 28622/21) einen 36-jährigen ehemaligen Marihuana-Schmuggler nicht nur frei-, sondern ihm auch noch eine Entschädigung zugesprochen.

Dieser überraschende Freispruch ist die Folge des neuen Cannabis-Gesetzes, das Marihuana kurzerhand von der Liste der verbotenen Betäubungsmittel strich.

Das neue Cannabis-Gesetz kippt den Fall
Der Glückspilz, der beschuldigt wurde, 450 Kilogramm Marihuana im Wert von fast 2 Millionen Euro durch Europa geschmuggelt zu haben, wird dem Canabisgesetzgeber sicher ein Kerzlein anzünden. Dank des neuen Gesetzes und auf der Basis der Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die Beweisführung, die nicht mehr(!) erfüllt wurden, seien die belastenden, durch die Software EncroChat verschlüsselten Nachrichten jetzt nicht mehr verwertbar. Denn der BGH erlaubt in dem Beschluss vom 02.03.2022 – 5 StR 457/21 – die Verwertung von EncroChat-Daten als Beweismittel nur zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten. Und eine solche liegt beim Transport des nunmehr legalisierten Cannabis‘ nicht vor.

Staatsanwaltschaft steht mit leeren Händen da
Die Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung und eine achtjährige Haftstrafe angestrebt hatte, steht nun mit leeren Händen da. Ihre sorgfältig entschlüsselten Beweise? Unverwertbar. Ihre mühevollen Ermittlungen? Für die Katz. Man könnte fast Mitleid haben, wenn es nicht so einen herrlichen Beigeschmack von schadenfroher Gerechtigkeit gäbe.

Ironische Wendungen und juristische Spitzfindigkeiten
Das Gericht machte deutlich, dass, wäre es um eine andere Substanz gegangen, das Verfahren anders, nämlich mit einer Verurteilung, geendet hätte. Doch in diesem Fall mussten die Richter die Hände heben und den Angeklagten laufen lassen – selbstverständlich nicht ohne ausdrücklich zu betonen, dass sie von seiner Unschuld keineswegs überzeugt seien. So einen rechtsstaatwidrigen Nachsatz kennen wir aus dem Kachelmann-Verfahren, der einen Freispruch 2. Klasse konstruieren sollte. Doch das Gesetz ist das Gesetz, an das sich ein seriöser Richter ohne Bedauern zu halten hat. Ohne verwertbare beweisbare Verbrechen gibt es keine Verurteilung. Rechtsstaat und Basta.

Zukunftsaussichten eines freigesprochenen Schmugglers
In einer Welt, in der so vieles schiefgeht, bringt diese kleine, bizarre Episode der Gerechtigkeit vielleicht ein verschmitztes Lächeln auf die Lippen derer, die die Ironie zu schätzen wissen. Wer weiß, vielleicht ist das ja der Anfang einer wunderbaren Karriere als Autor für unseren entlasteten Freund – „Wie man ungeschoren davonkommt: Memoiren eines glücklichen Marihuana-Schmugglers“. Wir würden es lesen.

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2 Kommentare

  • Patenter Anwalt sagt:

    Bemerkenswert, denn normalerweise ist man in DE ja eher zurückhaltend, was Beweisverwertungsverbote betrifft. Ich hätte vermutet, dass das Gericht kein Verwertungsverbot annimmt, da das Cannabis nur „Beifang“ war und die Entschlüsselung ursprünglich wegen anderer Drogen angeordnet wurde. Ob eine solche Argumentation möglich gewesen wäre, gibt der beschriebene Sachverhalt nicht her…

    PS: Meiner Meinung nach sollten alle Drogen freigegeben werden. Sollen sich die Leute doch vergiften, wie sie wollen. Die Kriminalität drumrum würde dann entfallen.

  • Ingo sagt:

    Wird es in Deutschland Gerichte geben, die ein Verwertung‘s verbot nicht zu stimmen werden ?