Kein Verständnis für Unsinn
Textbausteine sollen die Arbeit erleichtern, aber nicht das Denken ersparen.
Der sinnvolle Umgang mit diesen Instrumenten moderner Textverarbeitung ist manchen Menschen jedoch verwehrt.
Ich habe über die langen Jahre den Eindruck gewonnen, dass das Phänomen sinnloser Textbausteinverwendung besonders häufig in der Justiz zu beobachten ist.
Vor ein paar Tagen hatte ich diesen freundlichen Brief im Posteingang:
Auf diese sogenannte Abladung hatte ich – und mehr noch mein Mandant – gewartet. Und weil sie unerwartet lange nicht kam, hatte ich das Gericht vergangene Woche an die Aufhebung des Termins erinnert.
Mit einigen Mühen war es zuvor in laufender Hauptverhandlung endlich gelungen, dem Gericht und der Staatsanwaltschaft die Zustimmung zur Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Auflage abzuringen (§ 153a StPO). Der Deal bestand jedoch auch darin, dass der Termin am 09.03.2022 erst aufgehoben wird, wenn der Mandant die Zahlung geleistet hat. Wenn nicht, sollte weiter verhandelt werden.
Der Mandat hatte die Zahlung noch im Gericht auf dem Flur per Blitzüberweisung auf das Konto der Justizkasse veranlasst, mir dann die Überweisungsbestätigung übermittelt, die ich am selben Tag mit folgenden Worten an die Vorsitzende Richterin weitergeleitet hatte:
Die Voraussetzungen für die Einstellung nach § 153a StPO waren also erfüllt, so dass das Verfahren eingestellt und der Termin aufgehoben werden mussten(!).
Und nun bittet mich das Gericht um Verständnis für diese aus Gründen der Prozessleitung notwendig gewordene Maßnahme, also für die Terminsaufhebung.
Wenn man weiß, dass für Juristen die Sprache dieselbe Bedeutung hat wie für MIG-Schweißer das Schutzgas, kann man sich auch vorstellen, was passieren wird, wenn man mit diesen Mitteln nicht umgehen kann: In beiden Fällen kommt am Ende Unsinn hinten raus.
Das Verteidigungsziel ist jedoch erreicht, das Verfahren wurde eingestellt und der Termin aufgehoben. Alles andere ist jetzt geschenkt.
Übrigens, zum Schluss noch der ganz wichtige Hinweis:
Dieser Blogbeitrag wurde mit Hilfe der Informationstechnik erstellt und ist ohne Unterschrift gültig!
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2 Kommentare
Ich finde es eine absolute Frechheit. Jetzt schon Blogbeiträge ohne Unterschrift, Stempel und Siegel. Unfassbar. Die Welt geht zugrunde!
Und die Justiz… ach… da wundert mich schon gar nichts mehr.
Wenn das das Schlimmste ist, was einem mit der Justiz passieren kann, geht’s ja noch.
Vielleicht werden irgendwann auch mal die Textbausteine der Zivilunken in den Dieselklageschriften verboten.