Rechtsanwalt Hoenig

Das Weblog des Strafverteidigers

16. August 2021

Zahlen bitte!

Warum fällt es vielen Menschen so schwer, Rechnungen zu bezahlen?

Sie haben eine Dienstleistung erhalten, etwas gekauft oder es ihnen etwas gebaut worden. Dafür möchte der Dienstleister, der Verkäufer oder der Handwerker eine Gegenleistung erhalten.

Wenn es nicht um ein Bargeschäft geht, bekommt der Mensch eine Rechnung, verbunden mit der Bitte um Ausgleich. Oft wird eine Zahlungsfrist eingeräumt, manchmal wird um sofortige Überweisung gebeten.

Leistung und Gegenleistung

Dass diese Leistung nur um einer Gegenleistung Willen erbracht wird, weiß der Mensch. Also kommt die Zahlungsbitte nicht überraschend. Dann sollte es doch selbstverständlich (möglich) sein, diese Rechnung auch sofort zu bezahlen.

In nicht wenigen Fällen nutzen die Zahlungspflichtigen die Zahlungsfrist aus oder überziehen sie gar. Dann kommt es zu den für alle Beteiligten unerfreulichen Mahnungen und Erinnerungen. In den hartnäckigen Fällen müssen Inkassounternehmen, (Zivil-)Rechtsanwälte, Gerichte und Gerichtsvollzieher aktiv werden. Das ist dann in aller Regel mit weiteren Kosten und Auslagen verbunden – der ursprüngliche Rechnungsbetrag vergrößert sich; in Einzelfällen machen die Kosten den größeren Teil aus.

Ursachensuche

Ich sehe für die mangelhafte Zahlungsmoral zwei Ursachen:

Einerseits könnte es der fehlende Zahlungswillen sein. Irgendetwas verhindert die Zahlung, obwohl eigentlich bekannt ist, dass die Rechnung durch Zeitablauf nicht kleiner wird. Sondern – wie dargestellt – im Zweifel größer.

Dann gibt es noch die fehlende Zahlungsfähigkeit. Die Leistung wurde entgegen genommen, obwohl klar war, dass die Gegenleistung nicht erbracht werden kann.

Fehlt es am Zahlungswillen und/oder an der Zahlungsfähigkeit bereits bei Leistungsbezug, ist das schon zu diesem Zeitpunkt ein Fall für die Strafjustiz. Die Juristen haben dafür das das hässliche Wort „Betrug“, konkreter: Eingehungsbetrug. In Zahlen: § 263 StGB.

Gegenmittel

Will man sich diesem (Betrugs-)Verdacht nicht aussetzen, ist die Bezahlung der Rechnung sofort nach Erhalt ein effektives Mittel. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung, ein Signal, dass man mit der Leistung zufrieden ist. Man sorgt für rundum zufriedene Gesichter.

Ein weiterer positiver Effekt ist mit der Sofortzahlung verbunden. Wenn der Betrag das Portemonnaie oder das Konto verlassen hat, setzt sofort der Prozess des Vergessens ein und die Verarbeitung des Verlustes kann beginnen. Die Alternative besteht darin, abends mit dem letzten Gedanken an die Zahlungspflicht einzuschlafen und morgens mit dem ersten Gedanken an die noch offene Rechnung wieder aufzuwachen.

Unjuristischer Rat

Deswegen mein Rat – insbesondere bei hohen Beträgen: Sofort bezahlen, noch ein einziges Mal traurig sein, dann einen Wein oder ein Bier drauf trinken und vergessen. Das macht spätestens am nächsten Morgen wieder gute Laune.

Image by Ryan McGuire from Pixabay

15 Kommentare

  • Das Ich sagt:

    Bei kleineren Rechnungen unter 5000 € baue ich mittlerweile ein Rabatt ein, der bei Zahlungsverzug seine Gültigkeit verliert…. Dann lohnt sich später wenigstens die Klage.

  • Michael K. sagt:

    Der Beitrag beschreibt sehr vernünftig und nachvollziehbar ein traditionelles Miteinander auf Augenhöhe. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass in Zeiten des Online-Handels B2C fast durchweg das Prinzip Vorkasse praktiziert wird. Wer viel Online-Shopping macht, bekommt zwar etliche Rechnungen, die sind aber parallel mit der Bestellung bereits bezahlt – das ist leider auch nicht immer auf dem Beleg vermerkt. Ich bekomme selbst recht wenig offene Rechnungen, da rutscht mir leider auch schon mal was durch. Das ist natürlich nicht gut, betrifft aber eher Tagesgeschäft und ganz sicher keine vierstelligen Rechnungen oder Rechtsverteidigungskosten.

    Es gibt leider zwei andere hässliche Phänomene, die früher eher unbekannt waren:

    a) Das angebliche Übermitteln einer Rechnung per E-Mail, die nie ankommt, um sodann mit Mahnungen nebst Mahngebühren als Erstkontakt konfrontiert werden. Es gibt einen großen Zahlungsdienstleister, dem nachgesagt wird, dass diese Vorgehensweise zum Geschäftsmodell gehört.

    b) Das sich berühmen von Forderungen, die nicht existieren. Ich kenne das von Mobilfunkprovidern und vermeintlichen Rechteinhabern, die gar nicht die ausschließlichen Nutzungsrechte innehaben, sondern sich diese einfach angedichtet haben.

  • WPR_bei_WBS sagt:

    @ Das Ich

    Also das klassische Skonto 🙂

  • Rainer sagt:

    Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die hier beschrieben wird.

    Ich bezahle immer zügig nach Rechnungseingang. Egal, ob es sich um Dreifuffzich handelt oder doch um eine etwas höhere Rechnung vom RA meines Vertrauens (wenn es nicht die Rechtsschutzversicherung übernimmt).

    Man darf vielleicht unterstellen, dass Rechtsanwälte unter Umständen doch ein wenig mehr zahlungsunwillige Klienten haben könnten.

    • Ich habe hier nicht von unbezahlten Rechnungen meiner Auftraggeber geschrieben. Die gibt es nicht. Hintergrund dieses Beitrags ist die Verwunderung eines Handwerkers, der einen Tag nach Rechnungslegung meine Zahlung auf seinem Konto vorfand. Das erlebe er nur selten … crh
  • Stefan sagt:

    Das erinnert mich an mein bisher einziges Zusammentreffen mit einem Anwalt. Ich hatte um 15 Uhr einen Termin bei ihm und wir konnten das Vorgespräch in 30 Minuten erledigen. Er hatte dann ein paar Dinge zu tun (Briefe schreiben, etc.) und er wollte sich melden, wenn es Ergebnisse gibt. Ich bin dann von da wieder auf die Arbeit und um 18:30 zu hause gewesen. Da lag dann schon die erste Rechnung von ihm im Briefkasten. Ich habe dann am gleichen Abend noch überwiesen, weil ich mir dachte, dass er wohl große Geldsorgen hat. Ich habe dann beim nächsten Gespräch auch gefragt, ob ich ihm etwas Geld leihen soll, da es ihm ja offensichtlich sehr schlecht geht.

    Ich bin ja auch dafür Leistung schnell zu bezahlen, aber so eine Art sorgt eher dafür, dass ich das Vertrauen in einen Anwalt schnell verliere.

  • J. sagt:

    @Stefan: Mir sind da spontan zwei Situationen im Kopf:

    Einmal ein kleiner Handwerker, der am Samstag bei uns einen Notfalleinsatz hatte und bis in den späten Nachmittag fleißig gearbeitet hat. Am Sonntag Mittag war per E-Mail die Rechnung da. Schnell gekommen, ordentlich gearbeitet und zügig die Rechnung geschrieben. Das war ungewohnt, aber ok.

    Dann war da noch die (durchaus etwas größere) Firma, die zum wiederholten Mal und erst nach mehrfacher Aufforderung da war, weil die Technik nicht so läuft, wie sie sollte. Um 10:30 Uhr waren die Techniker wieder verschwunden, um 11 Uhr haben wir festgestellt „Der Scheiß funktioniert immer noch nicht richtig!“, und um 12 Uhr war die Rechnung da. Spät gekommen, schlechte (mangelhafte) Leistung erbracht, aber sofort Geld haben wollen. Das hinterlässt einen merklich negativen Eindruck.

    @Michael K.: Es kommt immer wieder vor, dass Rechnungen verloren gehen, egal ob per Post oder per E-Mail. Privat bekomme ich das bei Dritten immer wieder mit, im B2B-Bereich kommt es sowieso regelmäßig vor, dass fehlende Rechnungen oder Belege nachgefordert werden (müssen). Das ist im Regelfall auch überhaupt kein Problem, die erste Zahlungserinnerung ist üblicherweise kostenlos (eben deswegen), nach Eingang der RE wird dann zeitnah bezahlt und alle sind glücklich. Wenn hingen mit dem dem Betreff „Letzte Zahlungserinnerung!“ eine Rechnung angemahnt wird, deren Fehlen man bereits ein halbes Jahr zuvor reklamiert hat und nebenbei eine zweite Rechnung, die noch überhaupt nicht fällig ist und dann in äußerst unverschämtem Ton „die sofortige Zahlung der Rechnungen“ verlangt(!) wird, fragt man sich schon, ob man hier im falschen Film ist. Dass die Mahnung dann auch noch per E-Mail an alle bekannten Kontakte in der Firma und das Info-Postfach geschickt wird, macht das nicht unbedingt besser.

  • Pontifex sagt:

    Die verbreitete Neigung zu bevorzugt verspätetem Zahlen bringt mir des öfteren unagehme Situationen. Zum einen werde ich manchmal auf die ein oder andere Weise gedrängt, nicht sofort zu bezahlen. Verkäufer glauben ernsthaft, mir damit einen Gefallen zu tun und haben überhaupt kein Verständnis für meinen Wunsch nach umgehender Zahlung. Das kann zuweilen sehr nervig werden. Mehrfache Bitten, endlich Rechnung oder Bankverbindung zu bekommen, sind wohl das Gegenstück zu einer Mahnung.

    Zum anderen kommt es vor, dass ich nennenswerte Beträge vor Ort, z.B. in der Motorradwerkstatt, in Bar bezahlen soll. Auf dem Dorf ist dazu eine kleine Reise zum nächsten ATM üblich. Vor den Augen des Chefs am Handy die Überweisung zu tätigen reicht nicht, ein gebranntes Kind scheut wohl das Mahnverfahren. Einzige Abhilfe: vor dem Abholen des Motorrads telefonisch die Summe erfragen, überweisen und nach zwei Tagen, wenn der Vermerk auf dem Kontoauszug das Vertrauen wiederherstellt, das Bike endlich abholen. O tempora, o mores.

  • Michael K. sagt:

    Ich freue mich immer über Handwerkerrechnungen, ich hatte in letzter Zeit ein ziemliches Theater mit Protagonisten, die sich standhaft weigern eine Rechnung zu schreiben. In manchen Gewerken scheint das komplett außerhalb des Vorstellungsbereichs zu liegen (z. B. Raumausstatter, Maler, Tapezierer, Maurer, Fliesenleger), verbunden mit der Drohung, dass das Angebot nicht gilt, wenn er eine Rechnung schreiben muss.

    Der Auftrag seit ca. einem Jahr nicht ausgeführt werden, weil ich keinen finde, der meine Kleckeraufträge auf Rachnungsbasis ausführen mag. So ist das im Bauboom, aber es kommen auch wieder andere Zeiten.

  • Tobias sagt:

    Vor allem freut es mich, hier nochmal einen Beitrag zu lesen – ich hoffe, crh geht es gut. Gruss nach Berlin!

  • Stefan sagt:

    @J: Bei dem Handwerker kann ich das verstehen. Der hat die Buchhaltung am Sonntag gemacht und die Rechnung dann per Mail geschickt. Hier ist der Anwalt oder ein Handlanger am Abend noch bei mir vorbeigefahren um die Rechnung einzuwerfen, die wohl geschrieben wurde, als ich gerade durch die Tür rausgegangen bin. Selbst das wäre noch ok, wenn die Leistung schon erbracht wurde. Hier war es aber eine Rechnung für Leistungen, die er noch erbringen will. Kein Vertrauensbeweis.

  • WPR_bei_WBS sagt:

    @ Stefan
    In einer gut organisierten Kanzlei, warum nicht? Der Anwalt gibt die Daten des Gesprächs gleich in sein System ein. Sollte er ja eh für seine Handakte (Gesprächsnotizen, Wiedervorlage etc.), und dann kann man auch gleich die für die Abrechnung notwendigen Informationen eingeben (wenn die sich aus dem anderen nicht eh ergeben), Akte zur Seite legen, fertig. Die Akte nachher noch mal anzufassen ist nur unnötige Arbeit. Und wenn dann an dem Tag Rechnungslauf war, waren Sie halt mit dabei. Wenn die ReNo dann sieht „ach der wohnt ja auf meinem Heimweg, da sparen wir Porto und ich werfe es gleich ein“ haben sie die Rechnung halt recht schnell.

    @ Pontifex
    Das die kleine Dorfwerkstatt Bar haben will, kann auch andere Gründe haben :-). Man will dem Finanzamt nicht so viel abgeben, die Angetraute gibt ihm nur wenig Taschengeld, Konto gepfändet, …

    @ Michael K.
    Einfach den Auftrag vergeben – und dann nachher nur Zahlen, wenn es eine Rechnung gibt. Auf die Einrede „aber es war ohne Rechnung abgemacht“ kann er sich nicht berufen (bzw. wenn er’s doch macht gut für Sie), denn das ist Sittenwidrig und er würde gar nichts bekommen.

  • martin sagt:

    @Stefan: 2 schöne und äußerst ekelhafte kommentare.

    hoffentlich kommst du nie in meine kanzlei und brauchst hilfe, die ich dir dann schon in 30 minuten geben kann, wenn du dich dann danach ärgerst, dass ich dafür auch geld haben möchte. übrigens: wir dürfen auch – steht im gesetz – schon bevor wir irgendwas getan haben, einen vorschuss in rechnung stellen. macht jeder strafverteidiger, mache ich bisher nie, aber wenn ich solche einstellungen wie deine lese, überlege ich es mir vielleicht für die zukunft.

    und: glückwunsch und herzlichen dank im namen des kollegen, dass du so großherzig warst, diese rechnung dann – offenbar ausnahmsweise – noch am tag des erhalts zu zahlen. von dieser immer seltener werdenden (bei gewissen menschen) zahlungsmoral handelt ja immerhin dieser beitrag.

  • Stefan sagt:

    @Martin: Du hast nicht verstanden, wo da mein Problem liegt. Oder Du hast mit Absicht versucht, es falsch zu verstehen. Keine Ahnung, was schlimmer ist. Ich habe kein Problem mit einem Vorschuss. Ich habe auch kein Problem damit Rechnungen direkt zu bezahlen. Woher Du das „offenbar ausnahmsweise“ hast, ist mir nicht ganz klar, wie auch der Rest Deines Postings nicht erahnen lässt, dass Du wirklich in einer Kanzlei arbeitest. Als Angestellter in einer Kanzlei sollte man wissen, dass ein Anwalt sich an Fakten halten sollte und nicht so viel selber dazu dichten sollte, wie Du es anscheinend hier gemacht hast. 😉

    Also nochmal speziell für Dich: Wenn ich am Nachmittag einen Termin bei einem Anwalt habe und haben dann abends schon die Rechnung in meinem Briefkasten, dann hat das einen seltsamen Beigeschmack. Vor allen Dingen, wenn dann in dem Brief noch steht, was alles passieren kann, wenn man das nicht bezahlt und welche Klagewege dem Anwalt dann offen stehen. Das sorgt bei mir für kein gutes Vertrauensverhältnis. Und das sollte man zu einem Anwalt haben. Wenn Du das nicht verstehst, dann wirst Du Probleme bekommen, falls Du irgendwann mal Anwalt werden willst.

    Eine Sache noch: Texte ohne Gross- und Kleinschreibung sind schwerer zu lesen als Texte mit korrekter Rechtschreibung. Kannst Du hier gerne machen, wenn Du damit 3 Sekunden sparst, aber bei Mails an Klienten würde ich versuchen das zu vermeiden. Nur als Tipp für die Zukunft 🙂

  • Der wahre T1000 sagt:

    In den USA geht kein Handwerker vom Hof ohne Geld mitzunehmen. Da gilt: erbrachte Leistung ist SOFORT zu bezahlen. Immer. Keine Ausnahme! Ausser man kennt sich wirklich SEHR gut. Ein repariertes Auto bekommt man z.B. nur zurück, wenn die Rechnung SOFORT bezahlt wird. (Usw.) Rechnungen sind nichts, was man später bezahlen kann, sondern nur Belege für die Buchhaltung oder Garantie.

    Man kann dann z.B. einen Scheck schreiben, der problemlos akzeptiert wird. Aber obacht: ein geplatzter Scheck ist dort (anders als in D) eine ernsthafte Straftat und bringt einen spätestens beim zweiten mal direkt in den Knast. Außerdem können sich Handwerker, wenn sie eine Forderung glaubhaft (!) machen, unkompliziert eine Grundschuld eintragen lassen. Ganz zügig und kostengünstig. Die wird man dann nur noch los, wenn man sich lange vor Gericht streitet (und gewinnt) oder die Forderung ausgleicht. Bei Streitigkeiten trägt im Übrigen fast immer jeder seine eigenen Kosten. Ist also nicht wie in D, wo der Verlierer alles aufgebrummt bekommt.

    Kurz: Leistung und Gegenleistung erfolgen – zumindest im privten Bereich – stets am gleichen Tag.

  • Neuling sagt:

    „Hintergrund dieses Beitrags ist die Verwunderung eines Handwerkers, der einen Tag nach Rechnungslegung meine Zahlung auf seinem Konto vorfand.“

    Ging bei mir auch mal nach hinten los. Ich wurde mal angemahnt meine Rechnung endlich zu zahlen, weil ich zu schnell für den Handwerker war. Der kontrollierte seine Zahlungseingänge erst ab dem Folgetag und übersah daher, dass die Zahlung bei ihm schon längsten gebucht war.