Was kostet die Freiheit?
Es gibt mehr Geld für Menschen, denen die Staatsgwalt die Freiheit zu Unrecht entzogen hat. Der Gesetzgeber hat eine längst überfällige Anpassung der Haftentschädigung geregelt, die in Kürze in Kraft treten wird.
Mit der Entziehung der Freiheit sind die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte schnell bei der Hand. Der Gesetzgeber räumt ihnen bei der Anordnung von Untersuchungs- und Strafhaft einen weiten Spielraum ein.
Dass es in diesem Zusammenhang nicht selten zu Fehlentscheidungen kommt, ist naheliegend. Es soll sich um rund 400 Menschen jährlich handeln, die man ohne Grund einsperrt.
Strafverfolgungsentschädigung
Wenn nun der Staat jemandem zu Unrecht die Freiheit entzogen hat, muss er den dadurch entstandenen Schaden ersetzen. Dies regelt das Strafverfolgungsentschädigungsgesetz (StrEG).
Den Vermögensschaden kann man berechnen, auch wenn es im Einzelfall sehr schwierig ist. Für den Nichtvermögensschaden sieht § 7 Abs. 3 StrEG (in der aktuell noch geltenden Fassung) eine Pauschale vor:
Für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, beträgt die Entschädigung 25 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung.
In den Jahren 1988 bis 2009 gab es pro Hafttag 20 Deutsche Mark beziehungsweise elf Euro. 2009 wurde der Betrag auf 25 Euro erhöht.
Keine Überraschung
Der Gesetzgeber hat sich seinerzeit beraten lassen. Unter anderem ein Gutachten der Kriminologischen Zentralstelle aus dem Jahre 2017 hatte ergeben, dass die Höhe der Entschädigung von den Betroffenen durchweg als deutlich zu gering empfunden wird. Überraschend ist das nicht.
Aber auch die Justizministerkonferenz hatte sich Ende 2017 für eine deutliche Erhöhung der Haftentschädigung ausgesprochen. Die Ministeriellen wollten damit dem „Genugtuungs- und Anerkennungsgedanken“ Rechnung tragen.
Diese Pauschale wurde nun um satte 300% auf 75 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung erhöht:
Rechtsstaatliche Fehlerkultur
Ich möchte an dieser Stelle die Kollegin Edith Kindermann zitieren:
„Der Rechtsstaat muss sich auch daran messen lassen, wie er mit Fehlern umgeht. Hat er einem Menschen zu Unrecht seine Freiheit entzogen, muss er diesen Verlust zumindest symbolisch aufwiegen“
Mehr als ein Symbol sind diese 75 Euro aber auch nicht, jedenfalls nicht für jemanden, dessen bürgerliche Existenz durch eine zu Unrecht erlittene Inhaftierung vernichtet wurde.
Kein Beispiel
In diesem Zusammenhang sei an den Fall von Monika de Montgazon erinnert, die 889 Tage unschuldig im Gefängnis gesessen hatte – unter dem Verdacht und mit dem Makel, die habgierige Mörderin ihres Vaters zu sein. Nach dem Freispruch wurden ihr seinerzeit noch 11 Euro pro Tag zugebilligt. Aber selbst 75 Euro hätten den nachhaltigen Verlust von Würde und Gesundheit auch nicht nur annähernd „aufwiegen“ können.
(Die Gerichtsreporterin Barbara Keller hat den Fall sowie den Kampf um Freiheit und Entschädigung nach dem StrEG journalistisch begleitet.)
Bild von Frantisek Krejci auf Pixabay
7 Kommentare
iudex non calculat? oder iudex non korrekturliest?
Es ist eine Erhöhung um 200% auf 300% des ursprünglichen Betrags.
😉
Ich bitte vorab um Entschuldigung für die Dipferlscheißerei, aber wurde nicht um 200 Prozent auf 300 Prozent des alten Wertes erhöht?
Nicht vergessen: von den 11 Euro wurden noch Kost und Logis abgezogen… ich denke, daß das auch für die 75 Euro gilt….
Die AfD-Bundestagsfraktion hatte 100 Euro gefordert.
@crh: Danke für den Hinweis!
Mein Strafrecht ist lange her…
Again what learned:-)
@chlorophyllosoph
Eigeninteresse?
@anno,
ja. Die AfD-Kriminellen wollten sich und ihrer Klientel die Pfründe sichern. Das ist alles, woran die AfD-Kriminellen denken können. Deshalb sind es die AfD-Kriminellen. Wie ihr Name schon sagt.