Mühsam verdientes Honorar
Das Verfahren zur Festsetzung der Verteidigervergütung ist oft aufwändiger wie die Verteidigung an sich.
Zum Reichtum führt das gleichwohl in keinem Fall.
Der Mandant kam Ende 2016 mit einer Anklageschrift zu mir. Es war ein Fall der notwendigen Verteidigung (§ 140 Abs 2 StPO).
Die Staatsanwaltschaft strebte eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe an. Knapp zwei Jahre sollte sie dauern.
Erste Instanz
In der ersten Instanz wurde der Mandant wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einem Jahr Knast verurteilt – ohne Bewährung.
Berufung
Gegen dieses Urteil hat er Berufung eingelegt. Ziel der Berufung (und auch schon in der ersten Instanz) war die Strafaussetzung zur Bewährung. Das habe ich auch stets und von Anfang an offen kommuniziert. Geklaut hat der Mandant, ja; aber er gehört nicht ins Gefängnis.
Die Verhandlung vor der Berufungskammer gestaltete sich sehr zäh. Das lag meiner Ansicht nach ganz entscheidend an der Unerfahrenheit der Vorsitzenden Richterin. Sie war kurz zuvor aus einer gemütlichen Zivilabteilung ins Moabiter Haifischbecken des Strafrechts geworfen worden.
Urteil mit Mängeln
Nach acht Hauptverhandlungsterminen schrieb die Richterin ein Urteil, das sogar das Altpapier, auf dem es gedruckt wurde, nicht Wert war.
Ok, die Sache war nicht ganz trivial. Schließlich ging es um die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB. Aber ein paar Grundlagen des Unterbrinungsrechts sollte eine Vorsitzende schon kennen. Zumindest dann, wenn sie während bereits im ersten Termin und später noch ein paar Mal mit der Unterbringung drohte, um den Mandanten zur Rücknahme seiner Berufung zu nöti … äh … bewegen.
Revision
Ich habe für den Mandanten gegen das Berufungsurteil eine Revision eingelegt, die am Ende erfolgreich war. Das Kammergericht hat die Sache zurück verwiesen an eine andere Kammer des Berufungsgerichts (mit kompetenter Besetzung).
Zweiter Durchgang
Dort fand dann am 30.10.2019 eine Verhandlung statt, mit der wir das Ziel der Verteidigung (nach knapp 3 Jahren) erreicht hatten: Strafaussetzung zur Bewährung, keine Auflagen.
Kostenfestsetzung
Nun ging es um die Honorierung meiner Arbeit durch die Justizkasse. Im ersten Anlauf erst einmal um die Pflichtverteidigervergütung.
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann würde ich schlicht beantragen,
die entstandene und dem Pflichtverteidiger zustehende Vergütung festzusetzen und zu überweisen.
Das Kostenrecht sieht das jedoch nicht vor.
Vom Verteidiger wird statt dessen ein halber Tag Fleißarbeit erwartet, für die er – anders als die Rechtspfleger beim Amtsgericht – nicht ausgebildet wurde und für die er de facto auch nicht bezahlt wird.
Der Kostenfestsetzungsantrag
Das (vorläufige) Ergebnis dieser Halbtagsbeschäftigung sieht dann so aus:
Für die Hin- und Herrechnerei gibt es glücklicherweise eine Softwarelösung. Die Zahlen möchte ich dem Leser hier ersparen. Wenn ich es umrechne, liegt der Stundensatz für dieses Mandat bis zu dieser Stelle knapp oberhalb des Mindestlohns.
Fehlersuche
Selbstverständlich findet die zuständige Rechtspflegerin noch ein Haar in der Suppe und kürzt an einer Stelle. Mir war’s wurscht. Findet jemand den Fehler?
Dazu passt ein Tweet, den ein Follower in einem anderen, aber ähnlichen Zusammenhang geschrieben hat:
Fortsetzung folgt
Damit ist das Kostenfestsetzungsverfahren jedoch noch nicht beendet. In einem zweiten Durchgang mache ich dann die Wahlverteidigergebühren geltend. Dazu gibt es später noch einen weiteren Beitrag. Stay tuned …
Image by Thomas Ulrich from Pixabay
9 Kommentare
Sie machen für die Berufung v1 doch schon die Wahlverteidigergebühr geltend – oder ist das der zu findende Feier?
Sie berechnen Revision und Berufung² nicht separat und verschenken daher 20€ Auslagenpauschale? 😉
(Aber darauf würde ein Rechtspfleger wohl nicht hinweisen)
Mich hat „Wahlverteidigergebühren“ auch eher überrascht.
Die Rechtspflegerin hat dies auf 1 x 7002er gekürzt. Diese Kürzung habe ich missverstanden; sie war jedoch berechtigt, weil ich die 7002er bereits schon vorher 1 x erhalten hatte.
Ich sachja: Es geht nichts über ein pauschales Zeithonorar: Minuten x Stundensatz/60. Fertig. 🙂 crh
USt.
Ich finde zwei Fehler. Da ich mich sachlich nicht auskenne, muss ich mich dabei auf „aufwändiger wie“ und das „Unterbrinungsrecht[s]“ beschränken. 😉
Komparativ… „aufwändiger als“, bitte (puh, aufwändig sieht immer noch seltsam aus).
Dieser Kommentar zerstört sich in… äh, kann gerne nach ‚Bearbeitung‘ entsorgt werden.
Also nur 3x die 20€-Pauschale? Für mich wirkt der Ablauf eigentlich wie 4 Angelegenheiten, welche jeweils eine Pauschale verdient hätten.
Aber was soll’s. Ich glaube ja, dass einzige was Rechtspfleger noch mehr erregt als die Kürzungen von Kostenpauschalen ist die Kürzung von Kopier-/Scan-Kosten. Aber das war hier im Blog ja schon mal Thema, wenn ich recht erinnere. 😉
wie Gray schon schrieb
“
ist oft aufwändiger _als_ die Verteidigung an sich.
“
im ersten Satz. das tut schon was weh 😉
Der Link „Unerfahrenheit der Vorsitzenden Richterin. “ führt bei mir zu einer Endlosschleife der URL, welche sich ungefährt so immer wieder anpasst und verlängert:
https://www.kanzlei-hoenig.de/?s=tischtuch&x=0&y=0&s_type=any&sentence=0?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request?newpage=request
… die Endlosschleife um die Richterin läßt sich mit ein wenig Erfahrung auflösen. Dazu muß man das zweite ? durch & ersetzen und ab dem dritten ? abschneiden:
https://www.kanzlei-hoenig.de/?s=tischtuch&x=0&y=0&s_type=any&sentence=0&newpage=request
Vor der künstlerischen Umsetzung des Textes darf ich an dieser Stelle meinen Hut ziehen: Danke für die gelungene Pointe 🙂
So, wie ich
https://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/175.htm
verstehe, gibt es die Gebühr nach Nr. 7002 VV für jede Instanz bzw. immer dann, wenn es auch eine separate (anrechnungsfreie) Verfahrensgebühr gibt.