Rechtsanwalt Hoenig

Das Weblog des Strafverteidigers

6. Juli 2020

Mühsam verdientes Honorar

Das Verfahren zur Festsetzung der Verteidigervergütung ist oft aufwändiger wie die Verteidigung an sich.

Zum Reichtum führt das gleichwohl in keinem Fall.

Der Mandant kam Ende 2016 mit einer Anklageschrift zu mir. Es war ein Fall der notwendigen Verteidigung (§ 140 Abs 2 StPO).

Die Staatsanwaltschaft strebte eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe an. Knapp zwei Jahre sollte sie dauern.

Erste Instanz

In der ersten Instanz wurde der Mandant wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einem Jahr Knast verurteilt – ohne Bewährung.

Berufung

Gegen dieses Urteil hat er Berufung eingelegt. Ziel der Berufung (und auch schon in der ersten Instanz) war die Strafaussetzung zur Bewährung. Das habe ich auch stets und von Anfang an offen kommuniziert. Geklaut hat der Mandant, ja; aber er gehört nicht ins Gefängnis.

Die Verhandlung vor der Berufungskammer gestaltete sich sehr zäh. Das lag meiner Ansicht nach ganz entscheidend an der Unerfahrenheit der Vorsitzenden Richterin. Sie war kurz zuvor aus einer gemütlichen Zivilabteilung ins Moabiter Haifischbecken des Strafrechts geworfen worden.

Urteil mit Mängeln

Nach acht Hauptverhandlungsterminen schrieb die Richterin ein Urteil, das sogar das Altpapier, auf dem es gedruckt wurde, nicht Wert war.

Ok, die Sache war nicht ganz trivial. Schließlich ging es um die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB. Aber ein paar Grundlagen des Unterbrinungsrechts sollte eine Vorsitzende schon kennen. Zumindest dann, wenn sie während bereits im ersten Termin und später noch ein paar Mal mit der Unterbringung drohte, um den Mandanten zur Rücknahme seiner Berufung zu nöti … äh … bewegen.

Revision

Ich habe für den Mandanten gegen das Berufungsurteil eine Revision eingelegt, die am Ende erfolgreich war. Das Kammergericht hat die Sache zurück verwiesen an eine andere Kammer des Berufungsgerichts (mit kompetenter Besetzung).

Zweiter Durchgang

Dort fand dann am 30.10.2019 eine Verhandlung statt, mit der wir das Ziel der Verteidigung (nach knapp 3 Jahren) erreicht hatten: Strafaussetzung zur Bewährung, keine Auflagen.

Kostenfestsetzung

Nun ging es um die Honorierung meiner Arbeit durch die Justizkasse. Im ersten Anlauf erst einmal um die Pflichtverteidigervergütung.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann würde ich schlicht beantragen,

die entstandene und dem Pflichtverteidiger zustehende Vergütung festzusetzen und zu überweisen.

Das Kostenrecht sieht das jedoch nicht vor.

Vom Verteidiger wird statt dessen ein halber Tag Fleißarbeit erwartet, für die er – anders als die Rechtspfleger beim Amtsgericht – nicht ausgebildet wurde und für die er de facto auch nicht bezahlt wird.

Der Kostenfestsetzungsantrag

Das (vorläufige) Ergebnis dieser Halbtagsbeschäftigung sieht dann so aus:

Für die Hin- und Herrechnerei gibt es glücklicherweise eine Softwarelösung. Die Zahlen möchte ich dem Leser hier ersparen. Wenn ich es umrechne, liegt der Stundensatz für dieses Mandat bis zu dieser Stelle knapp oberhalb des Mindestlohns.

Fehlersuche

Selbstverständlich findet die zuständige Rechtspflegerin noch ein Haar in der Suppe und kürzt an einer Stelle. Mir war’s wurscht. Findet jemand den Fehler?

Dazu passt ein Tweet, den ein Follower in einem anderen, aber ähnlichen Zusammenhang geschrieben hat:

Fortsetzung folgt

Damit ist das Kostenfestsetzungsverfahren jedoch noch nicht beendet. In einem zweiten Durchgang mache ich dann die Wahlverteidigergebühren geltend. Dazu gibt es später noch einen weiteren Beitrag. Stay tuned …

Image by Thomas Ulrich from Pixabay

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